Zum Internationa­len Tag des Geden­kens an die Opfer des Holocaust: Lesung und Musik am 27. Januar 2017 in der Stadtkirche Aalen

Von | 22. Januar 2017

Am Morgen des 27. Januar 1945 er­reich­ten die ersten sowjetischen Trup­pen das Ver­nich­tungslager Auschwitz. In den Tagen zuvor hatten die Deutschen den Lager­kom­plex eva­kuiert und etwa 60.000 Häftlinge auf Todes­märsche nach Westen getrieben, von denen mindestens 15.000 Menschen unter­wegs ermordet wurden.

Etwa 7.500 Gefangene, die zu krank oder zu schwach waren, befanden sich noch im Lager. Ein alliierter Luftangriff in der Nacht zum 19. Januar hatte die SS in die Flucht geschlagen, bevor sie diese Häft­linge töten konnten. Viele dieser ent­kräf­te­ten Men­schen starben trotz aller Bemühungen in den folgen­den Tagen und Wochen.

Alleine in Auschwitz wurden mindes­tens 1,1 Millionen Menschen ermordet, die meis­ten in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau. Davon waren 960.000 Juden, 74.000 Polen, 21.000 Sinti und Roma sowie 15.000 sowjeti­sche Kriegsgefangene.

„Es ist geschehen und folglich kann es wie­der geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“ (PRIMO LEVI)

Wäre es nach dem Willen der Nazis gegangen, wäre das größte Verbrechen in der Geschichte der Menschheit spurlos ver­tuscht worden. Einer der Grün­de, warum heute Auschwitz zum Synonym für die NS-Barbarei geworden ist und nicht etwa Treblinka, wo ebenso viele Menschen ermordet wur­den, ist, dass Treblinka bereits im Herbst 1943 dem Erd­boden gleich­ge­macht worden war. Zuvor mussten Häftlinge – auch sie Todes­kandidaten – unter entsetz­lichen Beding­ungen die Massengräber ausheben und die mensch­lich­en Überreste verbrennen. Nichts sollte übrigbleiben außer einem unterschieds­losen Haufen Asche – noch die Erinnerung an die Ermor­de­ten sollte getilgt werden. Nur etwa 60 Treblinka-Häftlinge konnten fliehen und haben überlebt – die meisten beim Aufstand vom 2. August 1943.

Der Auschwitz-Überleben­de Primo Levi bezeichnete daher sich und seine Leidens­genos­sen als „Geheim­nis­träger„. Deshalb wurden die Häftlinge im Januar 1945 auf mör­derische Evakuierungsmärsche gen Buchen­wald und Mauthausen getrieben, und das Schicksal der zurück­gebliebenen Kranken schien besie­gelt. Dann jedoch zwang ein nächtlicher Luft­angriff die deutschen Bewacher, wie Primo Levi mit bitterer Ironie schrieb, „ihr Werk unvollendet zu lassen und, ohne ihre Pflicht erfüllt zu haben, die Flucht zu ergreifen„.

Primo Levi beschreibt den Alptraum aller Ge­fang­en­en: „Beinahe alle Zurückge­kehr­ten erin­nern sich an einen Traum, der sich in den Näch­ten der Ge­fang­enschaft häufig einstellte, unter­schied­lich in den Einzelheiten, aber im wesent­lichen immer gleichblei­bend: sie seien nach Hause zurück­gekehrt, erzähl­ten mit Leidenschaft und Er­leichter­ung einer ihnen nahe­steh­en­den Person von den vergangenen Lei­den und sähen, dass ihnen nicht geglaubt, ja nicht einmal zuge­hört würde. In der typischsten (und grau­samsten) Version wandte sich der Angesprochene ab und ging schweigend weg.

„Es zu verstehen, ist unmöglich, doch es zu wissen ist notwendig, und sich zu erinnern ist eine Verpflichtung.“  (PRIMO LEVI)

1996 wurde der 27. Januar, jener Jahres­tag der Befreiung des Vernich­tungs­lagers Auschwitz, auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog als Tag des Gedenkens an die Opfer des National­sozialismus bundesweit gesetzlich ver­ankert. 2005 wurde dieser Tag auch von den Vereinten Nationen als Internationa­ler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust festgelegt.

Alljährlich findet im Deutschen Bundestag eine Gedenkstunde statt, doch leider ist es vielerorten immer noch ein Gedenken „von oben“ geblieben. Auch in Aalen hat dieser Tag bislang wenig Aufmerksamkeit gefunden. Dies wollten wir ändern. Und als habe die Stadt nur darauf gewartet, dass jemand die Initiative ergreift, ist es auf Anhieb gelungen, die Unterstützung von 30 Aalener Organisationen für diese Veranstaltung zu gewinnen, von Kirchen, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Parteien von CDU bis Linken – ein bemerkenswertes – und ermutigendes – Novum in der politischen Landschaft der Stadt.

Wir wollen mit der Veranstaltung am Abend des 27. Januar den Angsttraum der Gefangenen von Auschwitz durchbrechen und hinhören, was uns die Überlebenden zu sagen haben.

Die Schauspielerin Mirjam Birkl vom Theater der Stadt Aalen wird eindringliche Texte von Zeitzeugen des Holocaust lesen, der Klarinettist Christian Bolz und der Gittarist Tobias Knecht werden die Lesung musikalisch umrahmen.

Freitag, 27. Januar 2017, 19 Uhr

Stadtkirche Aalen

Der Eintritt ist frei.

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Presseberichte:

Aalener Nachrichten vom 24. 1. 2017

Aalener Nachrichten vom 28. 1. 2017

Kommentar Aalener Nachrichten vom 28. 1. 2017

Die Veranstaltung wird getragen von:

  • Evang. Kirchengemeinde in Aalen
  • Bündnis gegen Rassismus
  • Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.

und unterstützt von:

  • DGB Aalen
  • IG Metall Aalen
  • Katholische Erwachsenenbildung Ostalb (KEB)
  • Katholische Betriebsseelsorge Aalen
  • Amnesty International Aalen
  • Weltladen e.V. Aalen
  • Volkshochschule Aalen
  • Attac Aalen
  • Die Linke Aalen
  • ver.di Bezirk Ostwürttemberg-Ulm
  • Kulturküche Aalen e.V.
  • GEW Ostwürttemberg
  • Katholisches Dekanat Ostalb
  • Evangelisches Dekanat Aalen
  • Act For Transformation
  • Theater der Stadt Aalen
  • OB Rentschler
  • Familien-Bildungsstätte Aalen
  • Evangelische Erwachsenenbildung Ostalb
  • Stolpersteininitiative Aalen
  • Naturfreunde Ostalb
  • Kino am Kocher
  • SPD Stadtverband Aalen
  • SPD Ortverein Aalen
  • Die GRÜNEN Stadtverband Aalen
  • Interkultureller Garten Aalen e.V.
  • CDU Aalen

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