Vom 20. Mai bis zum 14. Juli finden in Aalen eine Reihe von Veranstaltungen statt, die sich mit verschiedenen Aspekten der Verschuldung des Globalen Südens beschäftigen und die in diesem Sommer in Hamburg tagenden Vertreter der reichsten Länder der Erde, der G20, an ihre Verantwortung für eine weltweit gerechte Lastenverteilung erinnern sollen.
Die Rückkehr der Schuldenkrise
Sinkende Rohstoffpreise und stagnierendes Wirtschaftswachstum führen dazu, dass immer mehr Länder im Globalen Süden von Überschuldung bedroht sind. Nach Erhebungen des deutschen Entschuldungsnetzwerks Erlassjahr.de und der Hilfsorganisation Misereor sind derzeit 116 Staaten kritisch verschuldet Tendenz rasant steigend.
Die sich abzeichnende globale Schuldenkrise bedroht die Zukunftsfähigkeit von Volkswirtschaften und stellt eine Gefahr für das Erreichen der vereinbarten globalen Entwicklungsziele dar. Sie lähmt die Regierungen zahlreicher armer Länder. Die Leidtragenden sind deren Bürger, denn es fehlt Geld für Bildung, Gesundheit und wichtige Grundbedürfnisse.
Machtlos stehen diese Länder den Schulden-Akteuren wie Weltbank, IWF, den Gläubiger-Ländern, aber auch privaten Banken und Fonds gegenüber. Daher fordern seit den 1990ern zahlreiche Organisationen ein faires und transparentes StaateninsolvenzVerfahren, die Streichung von Auslandsschulden, die unter Missachtung internationaler Rechtsstandards zustande gekommen sind, sowie Standards für eine verantwortliche Kreditvergabe und Kreditaufnahme. Es braucht ein Regelwerk, das die Menschenrechte in den Mittelpunkt rückt und nicht nur einseitig die Investorenrechte.
G20 und Debt20
Im Juli 2017 tagen in Hamburg Vertreter der Regierungen und die Zentralbankchefs der zwanzig größten Volkswirtschaften der Welt, um Weichen für die Weltwirtschaft zu stellen. Zu den G20 gehören auch die wichtigsten Kreditgeber für die Länder des Globalen Südens.
Die Kampagne Debt20 fordert die deutsche Regierung auf, ihre G20 Präsidentschaft 2017 zu nutzen, um endlich ein faires, transparentes Staateninsolvenzverfahren für die Lösung von Schuldenkrisen auf den Weg zu bringen. Die Erfahrungen und Perspektiven von Menschen in betroffenen Ländern müssen bei den Beratungen der G20 berücksichtigt werden. Mit dieser Veranstaltungsreihe wollen wir hier in Aalen unseren Beitrag leisten.
Das Veranstaltungsprogramm
Samstag, 20. 5. 2017, 19 Uhr
Theater: Bettler auf goldenem Thron
Berliner Compagnie
Weststadtzentrum, AA-Hofherrnweiler, Pelikanweg 21
Eintritt: 14. € / 8. € (VVK: Weltladen & Touristinformation)
Was können wir von den Bolivianern lernen? Das Ziel: „Vivir bien“ gut leben, in Würde leben ohne Raubbau an der Natur. In dem Theaterstück wird der lange Weg Boliviens aus Unterdrückung und Ausbeutung gezeichnet, mit seinen Widersprüchen, Rückschlägen, Erfolgen und seinem langen Atem im politischen Kampf. Gründlich recherchiert, rasant inszeniert mit Musik, Humor und starken Bildern.
Dienstag, 30. 5. 2017, 19:30 Uhr
Biblisches Erlassjahr Ein Modell für die Realpolitik?
Jürgen Kaiser (Erlassjahr.de)
VHS, Paul-Ulmschneider-Saal, Torhaus, Gmünder Str. 9
Eintritt frei
Angesichts einer gigantischen Überschuldung vieler Länder stellt sich die Frage, inwieweit eine 3000-jährige Tradition eines Nomadenvolkes alle 50 Jahre alle Schulden zu erlassen für heute ein Modell sein kann. Die Bewegung Erlassjahr.de, die sich seit vielen Jahren für eine gerechtere Verteilung in der Welt einsetzt, hat dieses Modell im Namen. Wir wollen den biblischen Befund aus dem Alten und Neuen Testament genauer anschauen und überlegen, wie solch ein Modell heute in der Realpolitik Gestalt annehmen kann.
Dienstag, 20. 6. 2017, 19 Uhr
Sparen bei Ernährung, Gesundheit und Bildung: Schulden – Vorrang vor Menschenrechten?
Bernhard Jimi Merk (Informationsstelle Peru e.V.)
VHS, Paul-Ulmschneider-Saal, Torhaus, Gmünder Str. 9
Eintritt frei
Um den Zufluss weiterer Kredite, auf die sie angewiesen sind, nicht zu gefährden, müssen überschuldete Staaten pünktlich ihren Schuldendienst bezahlen. Finanziert wird das durch massive Kürzungen im Sozial, Gesundheits und Bildungsbereich. Die Exportproduktion wird gefördert, um Devisen für den Schuldendienst zu erwirtschaften, schwere soziale und ökologische Probleme werden dafür in Kauf genommen. Breite Bevölkerungsschichten verarmen, Protest wird gewaltsam niedergeschlagen. Welche Auswirkungen hat dies auf die Situation der Menschenrechte in den betroffenen Ländern?
Montag, 26. 6. 2017, 19 Uhr
PAs: Freihandelsabkommen EU – Afrika
Dr. Boniface Mabanza (Kirchliche Arbeitsstelle südliches Afrika)
VHS, Paul-Ulmschneider-Saal, Torhaus, Gmünder Str. 9
Eintritt frei
Über TTIP, CETA und TISA wird europaweit diskutiert und immer mehr Menschen protestieren gegen die Abkommen, die vor allem den multinationalen Konzernen nützen. Wenig bekannt hingegen sind die EPAs (Economic Partnership Agreements), die den Handel zwischen der EU und afrikanischen Staaten regeln sollen. Was verbirgt sich hinter diesen EPAs, welche Länder sind beteiligt und wie weit sind sie schon verhandelt? Wem nützen sie und welche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas sind zu erwarten?
Mittwoch, 28. 6. 2017, 20 Uhr
Film: Let’s Make Money
Kino am Kocher, Schleifbrückenstraße 1517
Eintritt: 7. €
Der Film „Let’s Make Money“ folgt dem Weg unseres Geldes, dorthin, wo spanische Bauern oder indische Arbeiter unser Geld vermehren und selbst bettelarm bleiben. Der Film zeigt die gefeierten Fondsmanager, die das Geld ihrer Kunden jeden Tag aufs Neue anlegen. Zu sehen sind Unternehmer, die zum Wohle ihrer Aktionäre ein fremdes Land abgrasen, solange die Löhne und Steuern niedrig und die Umwelt egal ist. Wir erleben die allgegenwärtige Gier und die damit verbundene Zerstörung, die mit unserem Geld angerichtet wird. Der Film zeigt mehrere Ebenen des Finanzsystems. Wir erfahren auch, warum es auf dem Globus zu einer unglaublichen Geldvermehrung gekommen ist und wir lernen deren Konsequenzen für unser Leben kennen.
Samstag, 1. 7. 2017, 19 Uhr
Debt20 – Die Schuldenkrise des Globalen Südens
Eufrigina dos Reis (Grupo da Divida Mozambique)
Mauricio Díaz Burdett (Foro Social Honduras)
Jürgen Kaiser (Erlassjahr.de )
AttacChor München
Theodor-Heuss-Gymnasiums, Aula, Friedrichstraße 70
Eintritt frei
Die Kampagne „Debt20: Entwicklung braucht Entschuldung – jetzt!“, die von 190 entwicklungspolitischen und kirchlichen Organisationen deutschlandweit getragen wird, fordert die G20 auf, die Frage des Umgangs mit Schuldenkrisen nicht weiter zu ignorieren. Die Kampagne will Menschen aus kritisch verschuldeten Ländern eine Stimme geben. Aus diesem Anlass kommen zwei Vertreter/innen aus Debt20Ländern nach Aalen.
Mittwoch, 5. 7. 2017, 19 Uhr
Landgrabbing: Der große Landraub
Petra Müller (NaturFreunde Deutschland)
VHS, Paul-Ulmschneider-Saal, Torhaus, Gmünder Str. 9
Eintritt frei
Im August 2001 vertrieb die ugandische Armee die Bewohner von vier Dörfern gewaltsam von ihrem Land, um es der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe für den Bau einer riesigen Kaffeeplantage zu verpachten. Rund 4.000 Menschen verloren ihr Land und ihren gesamten Besitz, einige kamen sogar zu Tode. Viele Betroffene können sich seitdem nicht mehr aus reichend ernähren, 12 Jahre später sind sie noch immer nicht entschädigt worden. Dies ist kein Einzelfall: Seit 2001 wurden in Entwicklungsländern über 220 Millionen Hektar Land von ausländischen Investoren aufgekauft bzw. gepachtet.
Freitag, 14. 7. 2017, 20 Uhr
Reich mir die Hand bei diesem Bersten des Planeten
Ein Pablo-Neruda-Abend mit Wort & Musik
Sergio Vesely & Theater der Stadt Aalen
Altes Rathaus, Theaterraum, Marktplatz 4
Eintritt: 13. / 8. €
Pablo Neruda (1904 1973), chilenischer Schriftsteller, der sich gegen den Faschismus in seinem Heimatland und in Spanien einsetzte. 1971 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Im Mittelpunkt der Lesung stehen Gedichte aus dem Canto General (dem „Großen Gesang“), in denen Neruda den Kampf Lateinamerikas gegen den Kolonialismus beschreibt.